Wenn ein neuer Hund ins Haus kommt, ist das immer auch ein bisschen wie in der Lotterie, bei der die Gewinnchancen steigen, je besser Sie sich vorbereitet haben. Natürlich ist das äußere Erscheinungsbild eines Hundes wichtig. Ihr neues Familienmitglied soll Ihnen ja schließlich gefallen. Doch viel wichtiger ist es, sich mit dem Wesen und dem zu erwartenden Charakter des Hundes zu befassen. Ist es ein Rassehund, sollten Sie aufgrund der Rassezugehörigkeit und vor allem aufgrund des ursprünglichen Verwendungszwecks schon ganz gut bescheid wissen, welches Potential Ihr Neuer mitbringt. Bei Mischlingen, die ja nicht immer eindeutig zuzuordnen sind, ist das ungleich schwieriger. Erst recht, wenn sie aus dem Tierschutz stammen und man ihre Geschichte nicht kennt.

Wie auch immer Sie zu Ihrem Hund kommen, es ist aufregend, wenn es dann soweit ist und der Neue einzieht.

  • Wird er mich mögen?
  • Wird er in mein Leben passen?
  • Wird er freundlich sein?
  • Wird er das und jenes so tun, wie es der Vorgänger gemacht hat?

Darf ich bitten?

“Keine Beleidigung würde mich so hart treffen wie ein misstrauischer Blick von einem meiner Hunde”James Gardner

Mit einem neuen Hund ist es wie mit einem neuen Tanzpartner. Man muss einander ein bisserl erahnen, ein G’spür füreinander entwickeln. Das muss man sich auch trauen, dieses Hinspüren! Schließlich weiß man ja nicht, was einen da erwartet. Anfangs steigt man sich so manches Mal ordentlich auf die Zehen und von leichtfüßiger Übereinstimmung ist nichts zu finden, keine Spur von „Schweben“ über das Parkett des Lebens. Doch hier beginnt das eigentliche Abenteuer: Sich miteinander auf den Weg zu machen, einander kennenzulernen, einen gemeinsamen Rhythmus zu finden, der Platz lässt für die einzelnen Schritte, die so unterschiedlich sein können. Eine gute Balance finden zwischen Führen und Geführt werden, bei der der/die Führende gleichwohl zuverlässig wie behutsam die Richtung vorgibt und der/die Geführte sich vertrauensvoll hineingeben kann.

Ein neuer Tanz beginnt, dessen Choreografie noch nicht geschrieben ist.

Bis eine solche Harmonie erreicht ist, dauert das seine Zeit und viel gemeinsames Tun und  Aufeinandereingehen sind notwendig. Eine aufgeregte Neugier begleitet die ersten Schritte. „Wie wird es werden?“ – jedenfalls eine unglaublich aufregende Zeit.

Und der Hund?!

Der Hund, der neue Hund hat vermutlich nicht annähernd so hohe Erwartungen an Sie, wie Sie an ihn. Und doch ist es auch für ihn eine aufregende Zeit – und eine anstrengende dazu. Ganz egal, ob es ein Welpe ist, der bei Ihnen einzieht, oder ein erwachsener Hund, erst einmal wird alles neu sein. Neu, aufregend und anstrengend. Ihr Tagesablauf ist ebenso ungewohnt, wie Ihre Art zu sprechen oder sich zu bewegen. Das Futter ist möglicherweise neu, jedenfalls der Napf und die Art, wie er präsentiert wird. Und dann erwarten Sie vielleicht auch noch, dass Ihr Neuer sich angesichts der Abendmahlzeit auf eine ganz bestimmte Weise verhält, weil Sie Ihr „alter“ Hund das so gemacht hat.

Ja, aber der „Alte“ hat …

„Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“ Soeren Kirkegaard

Geraten NeuhundehalterInnen gerne in die Falle der beschönigenden Rasseportraits, so ist es bei „WiederholungstäterInnen“ oft der Vergleich. „Ja, aber der Vorgänger hat das so und so gemacht. … der konnte das ja auch! …da war das nie ein Problem!“ Die KollegInnen unter meinen LeserInnen werden genau verstehen, was ich meine.

Zum einen ist das ziemlich unfähr. Und zum anderen stimmt es meistens nicht einmal. Denn auch der „alte“ Hund musste ja vieles erst einmal lernen. Das vergessen wir oft und erinnern uns an die Zeit, in der alles schon so wunderbar eingespielt war. Das Theater davor, bis es soweit war, an das erinnern wir uns gar nicht mehr (so gerne).

Vergleich macht NICHT sicher

Es ist kein schönes Gefühl, immer verglichen zu werden. Wer möchte schon gerne hören, dass der oder die Ex des Partners/der Partnerin viel besser kochen/schifahren/schachspielen konnte. Das tut weh und es hemmt. Das lässt sich vielleicht nicht 1:1 auf unsere Hunde übertragen, aber eine gewisse Analogie sehe ich durchaus.

Mein neuer Tanzpartner

Viele LeserInnen wissen ja, dass auch ich einen aufregenden neuen Tanzpartner habe. Einige Wochen nach dem Tod meiner lieben Tara ist Shogun bei mir eingezogen. Wohlüberlegt, das schon, und trotzdem ein Schritt ins Ungewisse. Er steckt voller Überraschungen und ist ein äußerst temperamentvoller Tänzer. Einige unerwartete Pirouetten haben wir schon hinter uns – und es werden sicher noch ein paar mehr. smiley

Vieles an ihm erinnert mich an einen seiner Vorgänger, Sebadja, oft sind es winzige Kleinigkeiten. Ihm ähnelt er in mancherlei Hinsicht. Und auch wieder gar nicht! Er ist einfach ein Individuum – unvergleichlich und unverwechselbar.

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ sagt Hermann Hesse. Dieser Zauber hat viel mit Neugier, Offenheit und kindlichem Staunen zu tun. Und genau dieses Staunen wünsche ich Ihnen und Ihrem Hund, wenn Sie gerade am Anfang Ihrer gemeinsamen Geschichte, Ihres gemeinsamen Tanzes stehen. Bewahren Sie sich die Freude am Kennenlernen, am Herausfinden, am Herantasten und wagen Sie den Tanz mit Ihrem Hund.

Eure und Ihre

Karin Immler

NS: Wenn Sie sich Unterstützung wünschen, besonders für die erste Zeit mit Ihrem neuen vierbeinigen Gefährten, dann melden Sie sich bei mir. Ich würde mich freuen, Sie ein Stück des Weges begleiten zu dürfen.

„Hallo, ich bin der Neue“

Nicht immer läuft alles so glatt wie bei meinem Flauschebär und mir. Vieles gibt es zu bedenken, bevor ein Hund einzieht, besonders dann, wenn es sich um einen Hund aus dem Auslandstierschutz handelt. Für den Blog der VÖHT habe ich einen Beitrag dazu geschrieben, den Sie hier lesen können.

Für viele dieser Hunde ist der Transfer in unsere Welt ein echter Kulturschock. Und damit sie diesen halbwegs gut überstehen, brauchen sie nicht nur Liebe, sondern vor allem geduldige und umsichtige Menschen um sich und viel Ruhe und Sicherheit.

https://www.voeht.at/2023/05/29/hallo-ich-bin-der-neue/

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