Neulich hatte ich eine interessante Begegnung im Park, die mich zum Nachdenken brachte über die Frage,

„Was ist ein braver Hund?“

Wir schlenderten den Spazierweg entlang, und Sir Teddybär trödelte wie gewohnt vor sich hin, hingebungsvoll damit beschäftigt, den Wegrand zu inspizieren. Ein älteres Paar kam uns entgegen, und der Mann blickte etwas verunsichert in Richtung Hund. Mit einem zögerlichen Schritt nach vorn und halbherzig ausgestreckter Hand fragte er: „Ist der brav?“ Sie kennen diese Art von Annäherung sicher und wissen, dass die Hunde sie oft irritierend finden.

„Ist der brav?“

Ich antwortete etwas Unverbindliches und vermied die direkte Begegnung zwischen Sir Teddybär und dem Spaziergänger. Obwohl es meinen Hund nicht gestört hätte, angesprochen zu werden. Zugleich ließ mich die Frage noch eine Weile nachdenken: Ist mein Hund brav? Was bedeutet es überhaupt, ein braver Hund zu sein?

Im Allgemeinen ist „brav“ ein positiv konnotierter Begriff, der Gehorsamkeit, Anstand und Höflichkeit beschreibt, abhängig vom Kontext. Sir Teddybär stellt normalerweise nichts an, macht selten etwas kaputt, und ich musste seinetwegen weder Reinigungsrechnungen für versaute Klamotten noch Ersatz für zerrissene Jeans bezahlen. Andererseits hört er nicht immer, wenn ich ihn rufe, und er sieht keinen Sinn darin, sein Dummy dreimal hintereinander zu holen, nur weil ich mir das so nett vorstelle. Im Lokal benimmt er sich meist vorbildlich, aber in gewissen Runden bettelt er unverschämt und baggert alle, einschließlich der Bedienung, an. Ist er also brav oder schlimm?

 

Was bitte ist ein braver Hund?

Was macht einen Hund zu einem braven Hund?

Um bei unserer Begegnung im Park zu bleiben: Welcher Hund wäre hier der brave? Derjenige, der den ungeschickten Annäherungsversuch des Herrn ignoriert? Der „Er-will-ja-nur-spielen“-Hund, der sofort auf ihn zugeht? Der Hund, der einfach stehen bleibt und erst einmal bei seinem Menschen nachfragt? Oder derjenige, der ein, zwei Schritte zurückgeht und keine Nähe zu Fremden sucht?

 

“Der Vergleich ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit” Soren Kierkegaard

Es hängt stark von der Vorstellung des Fragenden ab. Wenn der Herr Hunde liebt, die sich streicheln lassen, wäre der brave Hund der, der den Kontakt sucht. In diesem Fall schien der Mann jedoch eher unsicher, vielleicht sogar ängstlich. Dann wäre wohl der Hund brav, der die Distanz wahrt.

Wie so oft im Leben, ist es eine Frage des Blickwinkels. Ich habe mich weitgehend von Begriffen wie schlimm oder brav verabschiedet. Gerade bei Hunden finde ich diese Etikettierungen weder hilfreich noch angemessen. Den Hund als schlimm zu bezeichnen, ist ungerecht. Es impliziert, dass der Hund sich absichtlich falsch verhält, um sein Herrchen oder Frauchen zu ärgern. Das ist nicht nur unfair, sondern auch unrealistisch.

Eine allgemeingültige Definition für brav zu finden, ist mir nicht gelungen. Falls jemand aus meiner geneigten Leserschaft hier aushelfen kann, freue ich mich über Kommentare und Anregungen.

⇒ Ist der Hund brav, der den ganzen Spaziergang an der Seite seines Menschen bleibt? Oder Ist er einfach nur ein armer Tropf, der recht wenig vom Spaziergang hat?

⇒ Ist der Hund brav, der eine unbekannte Person am Gartentor verbellt oder derjenige, der sie schwanzwedelnd aufs Grundstück lässt?

 

Hat Ihr Hund gelernt, was er soll?

Für mich ist es wichtig zu unterscheiden, ob ein Hund gelernt hat, was in einer Situation zu tun ist, und ob er in der Lage ist, es auszuführen. Oft wird als schlimm bezeichnet, was tatsächlich auf Angst, Stress oder Müdigkeit zurückzuführen ist. „Nach müd‘ kommt blöd!“ gilt nicht nur für Kinder, sondern auch für Hunde.

Es liegt in unserer Verantwortung, unseren Hund zu unterstützen und ihm beizubringen, was wir von ihm erwarten. Je nach Lebensumständen und Anforderungen kann das sehr unterschiedlich sein. Wer in einem hellhörigen Haus wohnt, nennt den Hund brav, der ruhig bleibt. Wer am Waldrand lebt, erwartet von seinem Hund, dass er Fremde meldet, und bewertet das als brav.

Die Zuschreibung „schlimm“ hat eine moralische Komponente, die für Hunde nicht gerechtfertigt ist. Wir können nicht erwarten, dass unser Canide versteht, dass Löcher im Blumenbeet unerwünscht sind oder es sich nicht gehört, vor lauter Freude jemanden anzuspringen.

Was genau meinen Sie mit „Mein Hund ist brav“?

Zusammenfassend denke ich, dass die Begriffe brav und schlimm immer eine Frage des Kontexts sind. Es ist unsere Verantwortung, unseren Hunden durch geeignetes Training und unsere Unterstützung zu helfen, das Gelernte zuverlässig im Alltag zu integrieren. Und es ist unsere Verantwortung, bis dahin über vorausschauende Führung zu vermeiden, dass unser Hund sich für ein Verhalten entscheidet, das wir als schlimm erachten.

Als wir uns von dem Paar im Park entfernten, hörte ich den Herrn noch sagen: „Wenn sie brav sind, sind sie eh lieb!“

Ich wünsche Ihnen einen lieben Hund, der sich mit Ihrer Hilfe gut in Ihrem Leben zurechtfindet, sich angemessen benimmt und Ihnen viel Freude bereitet – und Sie ihm.

 

Eure und Ihre

Karin Immler

 

 

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