Schon der Volksmund weiß: Liebe geht durch den Magen. Bei Hunden und bei Menschen.
Manchmal geht es mir richtig auf den Geist: Wie oft muss ich mich eigentlich noch dafür rechtfertigen, dass ich gerne mit Futterbelohnung arbeite. Es wäre doch langsam an der Zeit, dass sich diejenigen rechtfertigen, die noch immer mit Leinenruck, Dominanztheorie und Alpharolle arbeiten!
Bestechung contra Alphawurf
Leider ist in Sachen „Hundeerziehung“ zurzeit ein deutlicher Rückschritt spürbar. Auch „moderne“ TrainerInnen propagieren Alphawurf und Co, arbeiten mit Würgehalsband, Wurfketten und Einschüchterung. Ganz zweifellos ist auf diese Art auch manch schnelles Ergebnis zu erzielen. Aber um welchen Preis? Freudig arbeitende Hunde findet man selten im Umkreis dieser Hardliner. Eine vertrauensvolle Bindung des Hundes an seinen Menschen wird man so wohl nicht erreichen.
Wer dagegen mit Futterbelohnung arbeitet, sieht sich mit „Bestechungsvorwürfen“ konfrontiert. Dabei ist Lernen als Vorgang inzwischen gut erforscht und die Wissenschaft gibt uns „Wattebäuschchenwerfern“ recht. Wer den Unterschied zwischen Bestechung und Belohnung immer noch nicht kennt oder sich über eine Bestätigung freut, den richtigen Weg gewählt zu haben, dem sei der folgende Artikel von Eva Zaugg Futterbelohnungen nein danke als Lektüre empfohlen.
„Rangordnung!“ Wenn ich das schon höre!
„Es gibt eine umgekehrte Korrelation zwischen den Fähigkeiten eines Trainers und der Intensität seiner Korrekturen: Je besser der Trainer ist, umso seltener und weniger heftig sind seine Korrekturen. Trainer, die heftige, physische Korrekturen benutzen, haben schlicht und einfach nicht genug Erfahrung oder Wissen, um es besser zu machen.“ Nicole Wilde
„Es gibt eine umgekehrte Korrelation zwischen den Fähigkeiten eines Trainers und der Intensität seiner Korrekturen: Je besser der Trainer ist, umso seltener und weniger heftig sind seine Korrekturen. Trainer, die heftige, physische Korrekturen benutzen, haben schlicht und einfach nicht genug Erfahrung oder Wissen, um es besser zu machen.“ Nicole Wilde
Oder noch schlimmer: lese – und zwar in der Überschrift von Artikeln über Hundeerziehung, dann vergeht mir das Lachen. Unwillkürlich schaue ich auf das Datum. Denn die „Rangordnung“ als Erziehungskonzept war vor ca. 20 Jahren der Stand der Dinge. Inzwischen hat sich viel getan. Abgesehen davon, dass ich kein Hund bin und mein Hund mich auch ganz bestimmt nicht für einen solchen hält und daher der Begriff „Rangordnung“ ohnehin nicht anwendbar ist.
Vor 20 Jahren beschränkte sich die Verhaltensforschung weitgehend auf die Beobachtung von Gehegewölfen. Heute stehen uns die Erkenntnisse einer Vielzahl von Untersuchungen über Haushunde und deren Lernverhalten zur Verfügung.
Das Training mit Futterbelohnung als Bestechung zu bezeichnen, mag sich gut für eine Überschrift eignen, zeigt aber, dass das Konzept der „positiven Verstärkung“ nicht verstanden wurde. Denn Positive Verstärkung ist das Konzept, das uns Mutter Natur vorlebt: Verhalten, das sich lohnt, wird verstärkt gezeigt! Oder anders formuliert: Lernen über Erfolg! Die Rangordnung in der Hundeerziehung kann dagegen getrost ins Reich der Fabeln verwiesen werden.
Wer mag schon einen bettelnden Hund?
Aus vielerlei Gründen bewährt sich Futter als Belohnung im Training sehr gut. Dennoch wird immer wieder kritisiert, Futterbelohnung sei „dumm“ und erzöge die Hunde zum Betteln. Dumm ist Futterbelohnen allerdings nur dann, wenn sie „dumm“ verwendet wird. Wird Futterbelohnung richtig angewandt, hat noch kein Hund dadurch das Betteln gelernt. Futterbelohnung bedeutet ja keinesfalls, dass der Hund immer dann ein Leckerchen bekommt, wenn er gerade justament eines haben will – anschnorren lassen mag ich mich auch nicht. Vielmehr kommt das Leckerchen ja NACH vollbrachter Tat – eben als Belohnung!
Zu viel belohnen?
Ich weiß gar nicht, warum so viele Menschen Angst davor haben, ihren Hund zu oft/zu viel/zu sehr zu belohnen. In meiner Hundeschule erlebe ich viel eher das Gegenteil. Nämlich dass zu selten, zu sparsam und vor allem zu wenig phantasievoll belohnt wird. Dabei macht es wirklich großen Spaß, oft und kreativ zu belohnen – dem Hund und Ihnen auch!
Leider weiß ich auch, dass man sich geradezu verteidigen muss, wenn man gerne mit Leckerchen belohnt. Doch in Wahrheit schadet es weder der Beziehung, noch muss der Hund davon dick werden.
Futter als Belohnung kann man gut vorbereiten, es ist einfach zu handhaben, von der Menge und der Wertigkeit gut skalierbar und die meisten Hunde freuen sich sehr darüber. Selbst für futtermäkelige Hunde oder solche mit Allergien lassen sich passende Goodies finden, die noch dazu auf unterschiedlichste Weise verabreicht werden können, was ihre Attraktivität für den Belohnten noch mehr steigert. So kann man Futter geben, man kann es werfen, ausstreuen oder belauern lassen und so aus einer einfachen Futterbelohnung einen aufregenden Jackpot machen. Als angenehmen Nebeneffekt wertet das Futter auch den Ort der Belohnung auf, weil dieser mit dem Leckerchen positiv verknüpft wird.
Abgesehen davon ist Futter für die meisten Hunde von Haus aus belohnend und muss nicht erst als Verstärker etabliert werden.
Eine gute Belohnung ist bedürfnisorientiert. D.h. sie befriedigt ein vorhandenes Bedürfnis. Und zu fressen – also Nahrung aufzunehmen – ist ganz zweifellos ein Bedürfnis, das bei Hunden (in unterschiedlicher Ausprägung) vorhanden ist.
Auch die soziale Komponente der Futtergabe sollten wir nicht vernachlässigen. Menschen wie Hunde leben im sozialen Verband mit anderen. Und die gemeinsame Mahlzeit, Nahrung zu teilen gehören zur Gemeinschaft dazu.
Impulskontrolle via Leckerchen
„Wenn ich erregt bin, gibt es nur ein Mittel, mich völlig zu beruhigen: Essen“ Oscar Wild
„Wenn ich erregt bin, gibt es nur ein Mittel, mich völlig zu beruhigen: Essen“ Oscar Wild
Impulskontrolle ist in aller Munde und ein Zusammenhang zwischen Ernährung und Nervenkostüm wird allseits angenommen. Klug gewählte Leckerchen (Stichwort „Bananenchips“) erhöhen kurzzeitig den Blutzuckerspiegel und können durchaus hilfreich sein, um die Nerven zu bewahren.
Bis ans Ende aller Tage, Leckerchen ganz ohne Frage?!
Vor einiger Zeit habe ich über weitverbreitete Missverständnisse in Sachen Hundeerziehung geschrieben und darüber, dass ich auch nicht immer und ewig für alles mit Leckerchen belohne. Zum einen, weil sich mit fortschreitendem Trainingsstand ja ohnehin der Belohnungsintervall verändert. Und zum anderen, weil es noch unendliche viele Möglichkeiten mehr gibt, Hunde zu belohnen.
Ich will nicht mit Leckerchen trainieren!
Es kommt vor, dass HundehalterInnen in meiner Hundeschule Futterbelohnung völlig ablehnen. Üblicherweise ersuche ich dann, mir eine Belohnung zu nennen, die ebenso einfach bereitzustellen und zu verabreichen ist und dem Hund genauso große Freude macht – ohne das Training allzu lang zu unterbrechen. Meistens stellt sich heraus, dass nicht die Leckerchengabe sondern das Belohnen als solches das Problem ist.
Konsequenz hemmt oder verstärkt ein Verhalten
„Leistung ohne Belohnung ist Strafe“ George Herbert
„Leistung ohne Belohnung ist Strafe“ George Herbert
Verhalten wird durch positive/angenehme/willkommene Konsequenzen verstärkt. Das kann ich mir als Mensch zunutze machen oder eben nicht. Das ändert aber nichts am Prinzip der Verstärkung, sondern nur daran, ob ich es sinnvoll einsetze oder es der Natur bzw. dem Zufall überlasse, was verstärkt wird und was nicht. Futter ist für die meisten Hunde eine sehr willkommene Konsequenz und wirkt daher verstärkend auf ein Verhalten. Freundliches Tätscheln und lobende Worte dagegen sind für einen lernenden Hund in der Regel weder ausreichend bestärkend noch als Rückmeldung für „gut gemacht“ eindeutig erkennbar.
Ich werde also weiterhin gerne und reichlich mit Futter belohnen, wenn es für den betreffenden Hund, die Situation und die Aufgabenstellung passt. Darüber hinaus werde ich auch viele andere Belohnungen nützen und HundehalterInnen dazu anregen, ihre Hunde gut zu beobachten, um herauszufinden, was in welcher Situation die optimale Belohnung ist.
Ich mag schließlich auch nicht in jeder Lebenslage Pralinen!
Ich wünsche Ihnen viel fröhliches Wedeln in Ihrem Leben, eine fröhliche und friedliche Weihnachtszeit und eine erholsame Zeit zwischen den Jahren.
Herzlichst
Eure und Ihre
Karin Immler
Keinen Blogartikel mehr verpassen!
Hallo Frau Immler,
Klopfen nicht, aber leckend! Und eine Extraportion Milch oder Futter habe ich auch nicht erlebt,
Viele Grüße
Klaus Rogowskis
Was eine Belohnung ist, definiert alleine der Empfänger, niemals der Sender. Wenn ein Hund in dem Moment verbales Lob oder Berührung belohnend empfindet, ganz wunderbar. Wenn nicht, dann war es zwar gut gemeint, ist aber leider danebengegangen. Leckerchen sind ganz bestimmt nicht die einzige Form von Belohnung, aber eine sehr beliebte und bewährte. Und da wir mit unseren Hunden kein Rudel bilden (können), muss ich mich auch nicht wie ein Hund benehmen. Abgesehen davon: haben Sie schon einmal erlebt, dass die Hundemutter den Welpen „lobend“ abklopft? Liebe Grüße, Karin Immler
Hallo,
Es sollte einfach mal der gesunde Menschenverstand eingesetzt werden und die Hunde beobachtet werden, wie sie dauerhaft auf Leckerli-Erziehung reagieren.
Ich habe mehrere Hunde in meinem Leben erzogen, damals auch noch ohne Internet oder Bücher.
Ich habe immer danach gehandelt: Was tut mir gut, wenn ich etwas mache oder richtig mache?
Richtig: Bei Mensch zu Mensch ist es die verbale Belohnung. Bei meiner Hundeerziehung kam noch die körperliche Verstärkung durch streicheln oder leichtes Klopfen dazu. Beides, Stimme und Körper setzt auch das Rudel bei der Welpenerziehung ein, oder haben sie schon mal erlebt, dass das Muttertier oder andere Hunde im Rudel Leckerlies verteilen? Ich habe gestern im Fernsehen wieder bestätigt bekommen, Hunde die ausschließlich mit Leckerlie oder Leckerlie-Tasche erzogen wurden, brachten nicht die gleiche Leistung, wie die, die nur verbal oder körperlich belohnt wurden.
Leckerlies sind gut, wenn ein Hund neu zu einem kommt, um Vertrauen aufzubauen!
Beste Grüße
Hallo,
ich bin Sonderpädagogin im Schuldienst, arbeite in einer Grundschule und halte seit 30 Jahren Begleithunde.
Mit großer Skepsis verfolge ich die bedürfnisorientierten Ansätze sowohl in der Pädagogik für Menschen und Hunde. Was die Schule betrifft, kann ich sagen, dass die Lernerfolge im Zuge jährlicher Reförmchen und der Ausblendung biologischer Fakten sehr spürbar zurück gegangen sind.
Es würde mich wundern, wenn das bei Hunden anders wäre.
Darf ich fragen, auf welche „ neuen, wissenschaftlichen Erkenntnisse“ Sie sich in Ihrem Text berufen?
Die Lerntheorien von positiver UND negativer Verstärkung sind ja uralt, die werden Sie sicher nicht meinen, oder?
Seriöse Quellen wären wirklich nett. Sicher gibt es auch Studien, die sich kritisch mit der rein positiven Verstärkung beschäftigen, fließen auch diese Erkenntnisse in Ihre Arbeit ein?
Ich halte seit 35 Jahren Haus- und Begleithunde und passe meine Erziehung dennoch bei jedem Hund neu an.
Es gibt keine Methode, die jedem Charakter gerecht wird. Insofern gleichen sich Kinder- und Hundeerziehung.
Bei dem einen genügt ein Blick, beim anderen braucht es spürbare Sanktion.
Nur mit positiver Verstärkung bin ich in meinem Leben nicht weit gekommen.
Ich lerne allerdings immer gern dazu, wenn mich etwas überzeugt.
Wie sind die Ergebnisse Ihrer Trainingsmethode?
Die sind für mich der springende Punkt.
Mit freundlichen Grüßen
Stefanie Lange
[…] Liebe geht durch den Magen […]
Oh ja, so ist es. „Wenn ein Löffelchen voll Zucker bittre Medizin versüßt, rutscht sie gleich noch mal so gut.“
Danke dir, herzlichst Karin
…da schließe ich mich auch an, Maß und Ziel, wie es gute Gärtner brauchen, sind immer sinnvoll! Und ein Gutti zur richtigen Zeit kann einfach Wunder bewirken – a spoon full of sugar;)
Vielen Dank, liebe Claudia,
„Ein guter Gärtner weuß, was seine Pflanzen brauchen“ – ich finde das trifft es sehr gut. Und, dass auch manchmal was daneben geht, auch da stimme ich mit Ihnen überein. Ausprobieren, experimentieren und herausfinden, was der eigene Hund braucht, und nicht alle über einen Kamm scheren, damit wäre schon vielen Hunden geholfen.
Viele Grüße
Karin Immler
In der heutigen Zeit ist es allgemein schwer die *richtige Erziehung* für Hund/Kind zu finden. Zu vieles ist in den Medien, zu viele mischen mit und fehlt es an langjähriger Erfahrung dann ist es noch schwerer den richtigen Weg zu finden in einer Gesellschaft wo jeder Angst hat was falsch zu machen.
Mir gefällt Ihr Artikel sehr gut und befürworte auch, dass Futter als Belohnung, wenn richtig eingesetzt, zu erstaunlichem Erfolg führen kann und wird.
Ich selbst reduziere gerne das Futter wenn eine Übung gut verstanden wird, und belohne dann in immer längeren Abständen. Dazischen gibt es ein Stimmlob, das mein Hund kennt. Auch unterwegs leisten wir viel mit Futter. Zwischendurch wird es ausgeworfen um zu suchen, an Baumrinden versteckt, oder unter einem großen Blatthaufen eine tolle Ration. Da ich einen Jagdhund besitze, ist dies für uns immer ein beliebtes gemeinsames Hinausziehen in die Wälder und es stärkt auch die Bindung und macht obendrein sehr viel Spass.
Seit meiner Kindheit lebe ich mit Tieren. Bevorzugt Hunde, Katzen und Pferde, mit welchen ich ebenfalls mit Futterbelohnung arbeite.
Da ich doch einige Erfahrungen mit dieser Arbeit habe, kann ich auch sagen, dass nicht jeder Hund und jedes Pferd für die Futterbelohnung gleich geeingent ist. Manche sind derart gefräßig und unverschämt, dass man kaum arbeiten kann, weil die Fixierung auf das Futter zu groß ist. Wenn dies der Fall ist, wird das Futter, nach dem das Tier die Übung begriffen hat, für längere Zeit abgezogen und nur mehr mit Stimme gelobt. Futter dann bei einer neuen Übung wieder eingesetzt. Dennoch werden auch diese Tiere immer nach eine großen Leistung mit Futter und Stimme anständig belohnt. Beonders Pferde zeigen ihre Freude und Stolz viel deutlicher als Hunde.
Einer meiner Hunde lehnte jedes Leckerli ab. Ein wirklicher Sonderfall, denn er brauchte nur Stimmlob und meine Aufmerksamkeit. Dies war ein großer Vorteil, denn er ließ sich von niemanden mit Futter bestechen oder gar locken (leider füttern Leute oft unaufgefordert fremde Hunde)……der aktuelle Hund ist das Gegenteil, bei ihm muss ich sehr aufpassen wann, wie und wo ich die Futterbelohnung einsetze.
Lange Rede kurzer Sinn *Mit Futter arbeiten ist eine alte Melodie* und alles was mit Verantwortung gemacht wird, sei es in der Kindererziehung oder Tiererziehung, zieht Früchte heran die gesund wachsen können wenn nicht forsiert wird. Und ein guter Gärnter weiss, was seine Pflanzen zu jeder Jahreszeit brauchen, und manchmal geht auch etwas daneben….dann muss man überlegen was man falsch gemacht hat.
Tiere und Kinder spiegeln sein Gegenüber…… menschlicher geht´s gar nicht mehr …oder…