Was derzeit in Österreich passiert, gleicht zumindest in den Großstädten schon beinahe einer Hexenjagd auf HundehalterInnen. Ausgelöst durch den unüberlegten Novellierungsvorschlag zur Wiener Hundehalterverordnung, eingebracht in grenzenloser Selbstüberschätzung einer Kommunalpolitikerin, die ihrem Hundehass freien Lauf ließ. Selbstüberschätzung deshalb, weil sie es nicht einmal für nötig befunden hat, sich zuvor mit Fachpersonen, deren es in Österreich ja etliche gibt, zusammenzusetzen.

 

„Lassen Sie die Kirche im Dorf, sehr geehrte Frau S.!“

Eine hundefreie Stadt werden wir nicht erleben! Die Hundemenschen werden sich nämlich nicht vermiesen lassen, einen Hund zu halten – oder mehrere. Abgesehen davon, dass den Damen und Herren der hohen Politik ein vorbereitendes Gespräch mit Fachleuten gut angestanden wäre, empfehle ich auch jetzt noch z.B. die Bücher von Kurt Kotrschal als Lektüre, nebst einigen Studien, die die immense Bedeutung der Hundehaltung (auch in der Stadt) belegen. International öffnen sich soziale Einrichtungen, Krankenhäuser, Schulen, Therapiezentren für Hunde, nicht weil dort lauter HundehalterInnen die Entscheidungen treffen, sondern weil der Nutzen für die Menschen immer deutlicher wird – aber das Wien der Frau S. ist eben anders!

Mit diesem Vorstoß in Wien und der damit verbundenen Medienhype wurde österreichweit dem Hundehass die Tür geöffnet. Menschen, die bisher zwar keine Freude an Hunden aber auch keine Probleme mit ihnen hatten, werden von den reißerischen Berichten in den Medien regelrecht aufgehetzt. Wer ohnehin schon ein ungutes Gefühl bei Hunden hatte, Hundehaltung gar ablehnt, entnimmt diesen Berichten womöglich die Rechtfertigung, seine Abneigung in grober Deutlichkeit kundzutun. In auffälliger Dichte werden derzeit HundehalterInnen quer durch Österreich angepöbelt und beschimpft, ganz egal, was für einen Hund sie haben und wie verantwortungsbewusst sie auch damit umgehen.

„Lassen Sie die Kirche im Dorf, sehr geehrte RedakteurInnen“

Schlecht recherchierte und völlig überzogene Berichterstattung, unsaubere Begriffsgebung und Fotos von zähnefletschenden Hunden (denen womöglich sogar noch zusätzliche Zähne ins Maul retuschiert werden, wie jüngst geschehen) haben nichts mit seriösem Journalismus zu tun und sind für ein gedeihliches Miteinander wirklich verzichtbar. Wenn das vermeintlich krankenhausreif gebissene Opfer sich in den sozialen Medien zu Wort meldet, um der Berichterstattung zu widersprechen, wirft das kein gutes Bild auf die Medien und auf die JournalistInnen. Natürlich kann man von ReporterInnen nicht verlangen, dass sie HundeverhaltensspezialistInnen sind, aber man kann erwarten, dass sie sich ein Mindestmaß an Sachkunde aneignen oder eben auf die Expertise anerkannter Fachleute zurückgreifen, anstatt stereotyp plakative Überschriften zu reproduzieren.

Dennoch lassen sich viele Menschen von unqualifizierten Berichten verunsichern und sogar aufhetzen. Wenn Sie vielleicht ohnehin schon Angst vor Hunden hatten, dann fühlen Sie sich jetzt möglicherweise bestätigt und veranlasst, Ihrem Ärger, Ihrer Angst Luft zu machen.

„Lassen Sie die Kirche im Dorf, auch wenn Sie Hunde nicht mögen!“

Gibt es tatsächlich in Ihrem Umfeld, in Ihrem Alltag Hunde, die eine Gefahr für Sie und Ihre Lebensführung darstellen?  Oder zumindest eine starke Beeinträchtigung? Wäre dann nicht ein klärendes Gespräch sinnvoll, vielleicht auch die Hinzuziehung des Ordnungsamtes, des Tierschutzes oder der Veterinärdirektion? Gegenseitige Beschimpfungen und Anfeindungen führen selten zu befriedigenden Ergebnissen. Tätliche Angriffe auf HundehalterInnen oder auf deren Hunde provozieren eine aggressive Reaktion (nicht nur des Hundes).

 

Die HundehalterInnen, nicht nur einschlägiger Rassen, fühlen sich derzeit ausgegrenzt, vorverurteilt und missverstanden. Auch wenn sie ihre Hunde umsichtig und verantwortungsbewusst führen, sind sie zurzeit vor Übergriffen und verbalen Attacken nicht geschützt und müssen mehr als sonst mit unqualifizierten und ungerechten Anschuldigungen fertigwerden.

 

„Lassen wir die Kirche im Dorf, liebe Hundeleute!“

Müssen wir wirklich jede plakative Notiz im österreichischen Revolverblättchen lesen? Müssen wir persönlich nehmen, was da gedruckt steht? Werden wir tatsächlich rundherum angegriffen, oder sind wir naheliegenderweise gerade besonders empfindlich?

Vielleicht nehmen wir uns auch selbst bei der Nase und gestehen uns ein, dass wir gelegentlich rücksichtslos oder unvorsichtig mit unseren Hunden unterwegs sind und wenig Verständnis dafür aufbringen, wenn Mitmenschen Hunde nicht mögen. Es ist doch mehr als nachvollziehbar, wenn jemand sich über liegengelassenen Hundekot ärgert oder darüber, dass der Nachbarshund ja „nur spielen“ will und ihn deshalb immer anspringt. Auch die Auseinandersetzungen zwischen RadfahrerInnen und HundehalterInnen haben durchaus bereits Tradition und müssen nicht in gegenseitige Schimpftiraden ausufern.

Noch glaube ich an eine gute Lösung und ein ebensolches Miteinander. Mensch und Hund verbindet eine so lange Geschichte, die kann kein Gesetz ungeschehen machen. HundehalterInnen im ganzen Land bitte ich, zusammenzuhalten und sich nicht auch noch gegenseitig fertigzumachen. Ein gutes Gedächtnis sollten wir uns auch erhalten. Die nächsten Wahlen kommen bestimmt und wir Hundemenschen können uns entscheiden, wo unsere Stimme am besten aufgehoben ist. Und „Werbung“ für Hundehaltung machen, das ist etwas, das wir alle können: In der Öffentlichkeit, in den Gremien, in Verbänden und Vereinen, in unserem privaten und beruflichen Umfeld liegt es an uns, mit unseren Hunden einen guten Eindruck zu hinterlassen.

 

Ich wünsche Ihnen friedliche und freundliche Begegnungen, Gespräche auf Augenhöhe, Respekt, Verständnis und eine gute Zeit mit Ihrem Hund/mit Ihren Hunden.

 

Herzlichst

Eure und Ihre

Karin Immler

 

 

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