Kooperationssignale machen’s möglich!

Im Zusammenleben mit unseren Hunden gibt es immer wieder Momente, in denen wir ihnen unangenehme oder gar schmerzhafte Behandlungen zumuten müssen: Ohren saubermachen, Krallenschneiden oder notwendige Untersuchungen beim Tierarzt. Diese Situationen sind meistens mit Stress und Unsicherheit verbunden – sowohl für den Hund als auch für Sie als seine Bezugsperson. Hier kommen Kooperationssignale ins Spiel. Sie geben damit dem Hund die Möglichkeit, aktiv an der Prozedur mitzuwirken und ein gewisses Maß an Kontrolle zu behalten.

 

Was sind Kooperationssignale?

Kooperationssignale sind etablierte Abläufe, bei denen der Hund durch eine bestimmte Handlung seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit ausdrückt. Das Prinzip stammt ursprünglich aus dem Training von Zootieren, bei denen das gewaltfreie Arbeiten mit den Tieren essentiell ist. Niemand würde versuchen, einen Tiger in den Schwitzkasten zu nehmen, um ihm eine Spritze zu geben – stattdessen lernen die Tiere freiwillig mitzuarbeiten.

„Bindung ist kein „Kommando“ – sie wächst, wenn wir den Hund als eigenständiges Wesen respektieren und ihm Raum für Vertrauen geben.“ Karin Gummerer

Auch für Hunde bedeutet dies eine enorme Erleichterung: Sie lernen, dass sie medizinische oder pflegerische Maßnahmen nicht einfach ‘ertragen’ müssen, sondern durch ihre eigene Mitwirkung beeinflussen können. Die klare Regel: Der Hund gibt das Signal, dass er bereit ist. Bricht er das Signal ab, wird die Handlung sofort gestoppt.

 

Warum sind Kooperationssignale so wertvoll?

Hunde, die auf diese Weise in Pflegeroutinen eingebunden werden, erleben:

  • Mehr Kontrolle über die Situation: Das Wissen, dass sie jederzeit eine Pause einlegen können, gibt ihnen Sicherheit.
  • Weniger Stress und Angst: Wenn sie wissen, was auf sie zu kommt und sie mitentscheiden dürfen, erleben sie deutlich weniger Angst und Anspannung.
  • Eine bessere Zusammenarbeit mit ihrem Menschen: Das Vertrauen wird enorm gestärkt, weil der Hund sich darauf verlassen kann, dass seine Signale respektiert werden.

Beispiele für Kooperationssignale

Es gibt verschiedene Verhaltensweisen, die sich für das Kooperationstraining eignen. Einige stelle ich Ihnen hier vor:

  1. Kinn-Ablegen auf eine Unterlage
    Der Hund legt sein Kinn auf eine bestimmte Unterlage. Solange das Kinn aufliegt, darf die Pflegehandlung stattfinden. Hebt er es an, wird die Manipulation sofort unterbrochen.
  2. Pfote in die Hand legen
    Zum Schneiden oder Schleifen der Krallen oder das Reinigen der Pfoten kann der Hund lernen, seine Pfote auf die Hand der Bezugsperson zu legen und dort zu lassen. Sobald er sie entzieht, wird die Behandlung gestoppt.
  3. Schulter auf den Boden legen
    Dieses Signal eignet sich beispielsweise für das Krallenschneiden oder medizinische Untersuchungen. Der Hund legt sich seitlich und signalisiert durch das Ablegen der Schulter auf den Boden seine Bereitschaft.
  4. Blick-Target
    Der Hund fixiert mit dem Blick einen bestimmten Punkt oder Gegenstand. Solange er hinschaut, wird die Behandlung fortgesetzt, schaut er weg, wird sie unterbrochen.

Es gibt noch viele andere Varianten, je nachdem welchen Zweck Sie verfolgen bzw. mit welchem Körperteil gearbeitet werden soll. Meine Beobachtung ist, wer sich wirklich auf die Idee der Kooperationssignale einlassen kann, wird rasch mehrere davon aufbauen.

 

Das Training: Kleinschrittig und fair

Wichtig ist ein sorgfältiger Aufbau des Trainings. Kooperationssignale müssen in kleinen Schritten erarbeitet werden, damit der Hund sie versteht und sich sicher dabei fühlt.

  • Beginnen Sie in einer ruhigen Umgebung, in der Ihr Hund sich wohl fühlt.
  • Loben und belohnen Sie jeden kleinen Fortschritt, damit der Hund positive Verknüpfungen aufbaut.
  • Verlängern Sie nach und nach die Dauer, bis der Hund seine Position sicher hält.
  • Bauen Sie schrittweise und im individuellen Tempo Ihres Hundes die Manipulation ein.
  • Beziehen Sie andere Personen ins Training ein. Erst als Statisten, später auch als Akteure.
  • Variieren Sie die Umgebung, damit das Signal auch in anderen Situationen funktioniert (z. B. im Hundesalon oder beim Tierarzt).
  • Respektieren Sie IMMER das Stopp-Signal Ihres Hundes: Sobald der Hund das Verhalten abbricht, muss auch die Manipulation enden.

Je fröhlicher das Training, je erfreulicher die beteiligten Emotionen umso besser für spätere Ernstsituationen. Sie zahlen gewissermaßen die guten Gefühle auf ein Sparkonto ein, damit sie darauf zurückgreifen können, wenn es notwendig wird.

 

Kooperationssignale in der Praxis

Ein Beispiel aus dem Alltag: Ihrem Hund soll Blut abgenommen werden. Dazu muss er eine ganze Weile stillhalten und die ganze unangenehme Prozedur durchhalten. Ohne Training würde er sich vermutlich abwehrend verhalten, die Pfote wegziehen, herumzappeln oder sich versteifen. Mit einem Kooperationssignal kann er jedoch lernen, seine Pfote auf eine Unterlage (oder in Ihre Hand) zu legen, sie dort liegenzulassen und so freiwillig mitzuwirken. Der Hund zeigt damit: Ich bin bereit. Sollte er die Pfote anheben, wird das Prozedere sofort unterbrochen. Das Ergebnis: Ein wesentlich entspannterer Hund, weniger Stress für den Menschen und ein sichererer Ablauf beim Tierarzt.

 

„Du weißt wohl nicht, mein Freund, wie grob du bist?“ Johann Wolfgang von Goethe

Ein Vertrag auf Augenhöhe

Die Arbeit mit Kooperationssignalen ist echte Vertrauensarbeit. Wer sich dafür entscheidet, mit seinem Hund auf diese Weise zu trainieren, schließt einen Vertrag: Ich respektiere deine Signale, und du kannst darauf vertrauen, dass ich sie ernst nehme. Ein einmal gebrochenes Versprechen kann das gesamte Vertrauen zerstören. Daher ist es besser, erst mit dem Training zu beginnen, wenn man bereit ist, diesen „Vertrag“ auch einzuhalten.

 

Das Fazit: Kooperationssignale sind eine lohnende Investition

Kooperationssignale sind weit mehr als nur ein Trainingswerkzeug – sie verbessern die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Hund nachhaltig und weit über Behandlungsvorgänge hinaus. Die Zeit, die Sie in das Training investieren, zahlt sich vielfach aus: weniger Stress, mehr Vertrauen und eine deutlich bessere Kooperation in Situationen, die sonst schwierig wären. Wer sich darauf einlässt, wird feststellen, dass Kooperationssignale nicht nur das Leben des Hundes, sondern auch das des Menschen erheblich erleichtern. Wenn Sie nicht so recht wissen, wie Sie dieses Training für sich und Ihren Hund umsetzen sollen, im betreuten Onlinekurs Tierarzt- und Pflegetraining (Medical Training) sind die Kooperationssignale ein wichtiger Programmpunkt.

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Kooperationssignalen gemacht? Erzählen Sie gerne in den Kommentaren darüber!

 

Ich wünsche Ihnen allzeit freudige Mitarbeit Ihres Hundes und sein tiefes Vertrauen in allen Lebenslagen

Eure und Ihre

Karin Immler

 

 

Keinen Blogartikel mehr versäumen