Hausstandsregeln oder „Darf der Hund ins Bett?“

Im Alltag einer Hundeschule wird man so ziemlich mit allem konfrontiert, was im Zusammenleben mit Hunden auftauchen kann. Das beginnt bei den Erziehungsthemen, geht über Ernährung, Pflege und Gesundheitsvorsorge und endet noch lange nicht bei den Ratschlägen, die der oder die Betreffende rundherum erhält. Gerade frischgebackene HundebesitzerInnen sind hochmotiviert und möchten alles richtig machen. Und nicht zuletzt deshalb sind sie auch die idealen Opfer für diverse selbst ernannte Spezialisten. Sogar wildfremde Menschen fühlen sich berufen, unaufgefordert den Neu-HundehalterInnen Ratschläge zu erteilen. Nicht immer sind diese Ratschläge hilfreich, im Gegenteil, sehr oft sind sie verwirrend, widersprechen einander und sorgen für Verunsicherung der HundehalterInnen. Noch dazu ist es ja eine traurige Tatsache, dass sich am allerlängsten und intensivsten diejenigen Aussagen über Hunde halten, die schon lange widerlegt sind. Stichwort: Dominanz!

 

Erst ein Keks für Herrchen

Und so passiert es tatsächlich, dass mir die Frage gestellt wird, ob man wirklich immer etwas essen müsse, bevor der Welpe sein Futter nehmen darf. Ein für alle Mal: Nein, Sie müssen nicht essen nur weil Ihr Hund jetzt fressen soll. Sie dürfen auch als Hundemensch dann essen, wann Sie es möchten und brauchen sich dabei nicht an die Fütterungszeiten Ihres Vierbeiners halten.

 

Erst die Couch, dann das Wohnzimmer und dann die ganze Welt?

Ein Dauerbrenner ist die Frage, ob der Hund auf die Couch darf. Sehr oft wird verschämt gestanden “Ich weiß, dass das nicht gut ist aber er schläft auf dem Sofa!“ Ich antworte dann gerne mit einer Gegenfrage “Wieso ist das nicht gut? Ist Ihr Sofa nicht bequem?“

Ganz ehrlich, es ist ganz und gar Ihre Entscheidung, ob Ihr Hund auf das Sofa oder ins Bett darf oder eben nicht. Und weder die eine noch die andere Variante macht Sie per se zu einem guten Hundehalter/zu einer guten Hundehalterin. Wenn Sie es mögen, wenn Ihr Sofa groß genug ist, wenn Ihr Hund es mag – wer soll denn dann etwas dagegen haben, dass Sie das Mittagsschläfchen gemeinsam mit Ihrem Hund auf der Couch halten?

Einladung zur Sofa-Partie

„Dem Hunde, wenn er gut gezogen, wird selbst ein weiser Mann gewogen“ Johann Wolfgang von Goethe

Ich schlage gerne einen Kompromiss vor. Der Hund darf auf die Couch, allerdings nur auf Einladung und möglicherweise auch nur auf einen bestimmten Bereich vielleicht mit einer eigenen Decke. Diese Variante hat einen großen Vorteil: Sie erspart Ihnen möglicherweise die eine oder andere Peinlichkeit. Gesetzt den Fall, die Schwiegermutter, die bekanntermaßen etwas pingelig ist, kommt zu Besuch. Vielleicht ist es Ihnen dann angenehmer, wenn der Hund der Couch fernbleibt und der familiäre Frieden nicht durch Debatten über Hundehaare auf den Sofakissen gestört wird. Oder Sie sind in Begleitung Ihres Vierbeiners zu Besuch bei Bekannten, die selber keine Haustiere haben. Vielleicht möchten Sie die Toleranz Ihrer Gastgeber nicht über Gebühr strapazieren, indem Ihr Hund nach vorangegangenem Regenspaziergang mit gewohnter Selbstverständlichkeit die (womöglich Designer-) Couch in Beschlag nimmt.

 

Die Ausnahme von der Regel

Dazu habe ich auch gleich eine kleine Geschichte beizusteuern. Zu einem Geschäftstermin in Sachen Hund begleitete mich meine Hündin Tara. Die Hausstandsregel im Hause Immler lautete: Hund auf der Couch (2-Sitzer, meistens von den Stubentigern belagert) nur bei Gewitter oder Feuerwerk. Soweit zur Regel!

Passiert ist dann allerdings Folgendes: wir betraten das Geschäftslokal, in dem sich auch eine noble geblühmte Sitzgarnitur befand. Mein Hund eroberte in Blitzgeschwindigkeit und mit Anlauf das gute Stück und schickte sich auch noch an, sich ganz selbstverständlich auf diesem eleganten Sitzmöbel niederzulassen. Glücklicherweise waren die Geschäftsinhaber selber Hundehalter und wir konnten herzlich darüber lachen – nachdem ich meiner vorlauten Hundedame erklärt hatte, dass es auch hier keine Ausnahme von der Regel gäbe.

Also auch wenn Sie keine 100-prozentige Garantie haben, dass Ihr Hund Sie nicht doch blamiert, sind sie üblicherweise mit einer solchen Regelung für Patentanten, Vorgesetzte und Vermieter oder liebe Freunde ohne Hundeerfahrung gut gerüstet.

 

Sinnvolle Hausstandsregeln – „Darf er das?“

 „Die wirkliche Herausforderung im modernen Hundetraining ist das Umdenken: Der Schlüssel für jeden Trainingserfolg ist Verständnis dafür, wie es dem Tier in der Situation geht“ Sunny Benett

Ein wenig anders verhält es sich meiner Meinung nach mit dem Hochspringen. Zwar ist es auch in diesem Fall so, dass es – solange es um Ihre Hose geht – einzig und allein Ihre Sache ist, ob Sie sich diese von ihrem Hund verdrecken lassen. Wenn es aber um die Hosen anderer Leute geht, dann ist es allemal sinnvoll, den Hund zu lehren, unten zu bleiben.

In Wahrheit geht es dabei ja nicht um die verschmutzte Hose. Es gibt Menschen, die haben einfach Angst vor Hunden und auch wenn uns Hundeleuten das ganz unverständlich ist, gilt es diese Angst zu respektieren. Andere wiederum haben kein Problem mit Hunden, mögen sie vielleicht sogar sehr gerne, aber eben nicht mit den Pfoten auf der Hose, dem guten Mantel oder gar in der Magengrube. Speziell wenn Kinder zum persönlichen Lebensumfeld gehören, geht es auch immer um Sicherheit. Selbst wenn der Hund in freundlichster Absicht springt, kann das Kind sich erschrecken oder gar umgestoßen werden. Und das ist kein schönes Erlebnis – auch nicht für ein Kind, das Hunde mag oder an Hunde gewöhnt ist. Und daher empfehle ich, nicht tatenlos zuzusehen, dass sich der Hund das Hochspringen angewöhnt, sondern ihn rechtzeitig alternative Strategien zu lehren.

 

Bellende Hunde und ängstliche Menschen

Manche Menschen haben großen Kummer damit, weil ihr Hund aus unterschiedlichsten Gründen Menschen anbellt. Sie bemühen sich redlich, dieses Verhalten in den Griff zu kriegen, weil sie es als unangemessen und für die Passanten, Nachbarn, Kollegen äußerst unangenehm erkennen.  Andere wiederum schauen seelenruhig zu, wenn ihr Hund bellend auf fremde Menschen oder womöglich Kinder zu läuft. „Der will nur spielen!“ Das mag wohl sein – oder auch nicht. Jedenfalls ist es kein Zeichen verantwortungsbewusster Hundehaltung, zuzulassen, dass Ihr Hund andere Menschen belästigt, ängstigt oder gar in Gefahr bringt.

Rücksichtnahme erleichtert das Zusammenleben ungemein und wir Hundehaltende werden ohnehin allzu oft misstrauisch beäugt. Schlechte Manieren des Hundes können innerhalb der Nachbarschaft oder der Familie allerhand Probleme verursachen. Wenn Sie sich daher nicht sicher sind, ob es in Ordnung ist dieses oder jenes Verhalten Ihres Hundes zu tolerieren, dann fragen Sie sich:

  • Betrifft dieses Verhalten nur mich selbst bzw. meine Familie oder betrifft es möglicherweise auch andere Menschen?
  • Kann es sein, dass sich jemand durch dieses Verhalten belästigt fühlt oder womöglich sogar bedroht?
  • Kann ein Schaden daraus entstehen?

 

Je nachdem, welchen Schluss daraus ziehen, machen Sie so weiter wie bisher oder überlegen sich, wie Sie Ihren Hund zu einem angemessenen Alternativverhalten veranlassen.

 

Und damit sind wir wieder in der Hundeschule angelangt, denn bei vielen Verhaltensweisen, die den Alltag im Wohnumfeld, am Arbeitsplatz oder im Bekanntenkreis erschweren, lassen sich ganz einfache Lösungen finden. Mit vernünftigem Management, einer guten Trainingsstrategie, viel positiver Verstärkung und etwas Geduld werden Sie erstaunliche Ergebnisse erzielen.

 

Ich wünsche Ihnen viel fröhliches Wedeln in Ihrem Leben und freue mich über Kommentare und Anregungen.

Herzlichst
Eure und Ihre
Karin Immler

 

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