Die Kraft von Ritualen
Ein Ritual (von lateinisch ritualis ‚den Ritus betreffend‘, rituell) ist eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt. Sie wird häufig von bestimmten Wortformeln und festgelegten Gesten begleitet und kann religiöser oder weltlicher Art sein. Wikipedia, Suchbegriff „Ritual“
Ein Ritual (von lateinisch ritualis ‚den Ritus betreffend‘, rituell) ist eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt. Sie wird häufig von bestimmten Wortformeln und festgelegten Gesten begleitet und kann religiöser oder weltlicher Art sein. Wikipedia, Suchbegriff „Ritual“
Rituale strukturieren, schaffen Fixpunkte und geben Sicherheit. Es gibt in unserem Leben Rituale für die großen und bedeutsamen Ereignisse, für die Taufe zum Beispiel, für die Heirat und auch für die Beerdigung. Es gibt Rituale, die das Jahr strukturieren und mit Festlichkeiten und Zeremonien verbunden sind: Ostern, Weihnachten, Neujahr, Pessach, Ramadan und Halloween, um nur einige zu nennen. Und es gibt die vielen kleinen Rituale im Alltag, die dafür sorgen, dass der eine morgens barfuß zum Briefkasten springt, um seine Zeitung zu holen, während ein anderer als erste Handlung des Tages schlaftrunken den Knopf seiner Kaffeemaschine drückt. Überlegen Sie, wie viele solcher Rituale und Gebräuche es in Ihrem Leben gibt, im Tagesverlauf oder auch in ganz bestimmten Situationen. Manche davon haben wir uns freiwillig und bewusst angeeignet, andere waren vorgegeben oder haben sich ganz nebenbei entwickelt. An Ihrem Arbeitsplatz, in der Familie Ihres Partners, im Sportverein wird es Rituale geben, die neu für Sie sind und an die Sie sich gewöhnen (müssen). Und nach einiger Zeit, fällt es ihnen gar nicht mehr auf und Sie haben sich dieses neue Ritual, diese neue Norm einverleibt.
Über Rituale denken wir nicht nach, denn sie sind uns gewissermaßen in Fleisch und Blut übergegangen. Hunde sind uns da sehr ähnlich – sie sind eben auch Gewohnheitstiere. Und das können wir uns zu Nutze machen.
Hilfreiche kleine Rituale,
die das morgendliche Chaos im Flur minimieren, weil Ihr Hund gewohnt ist, ruhig zu warten, bis Groß und Klein angezogen sind, er angeleint wird und per Signal aus der Tür gehen darf. Oder ein kleines Ritual, das regelt, wann und in welcher Weise er das Auto verlässt – anstatt einfach heraus zu purzeln, sobald die Türe offen ist. Der Hausbrauch, der dafür sorgt, dass die Raubtierfütterung im Mehrhundehaushalt nicht in eine Streiterei ausartet, weil jeder Vierbeiner weiß, wann er an der Reihe und welches seine Futterschüssel ist. Die gut etablierte Haustür-Routine, die verhindert, dass der Beagle-Schlamm-Wrap nach dem Spaziergang direttissima auf der neuen Couch landet, nur weil Sie ein wenig zu langsam waren.
Karrierebibel , Routine
Rituale ersparen uns, Entscheidungen immer wieder neu treffen zu müssen
Nach dem Ableinen wird auf die Freigabe durch Herrchen oder Frauchen gewartet. Das ist so, weil es immer so ist.
Nach dem Ableinen wird auf die Freigabe durch Herrchen oder Frauchen gewartet. Das ist so, weil es immer so ist.
Gut etablierte Rituale ersparen Ihnen und dem Hund, immer wieder neu entscheiden zu müssen, wie eine Situation zu handhaben ist. Auch Momente der Unaufmerksamkeit fallen dadurch nicht mehr so sehr ins Gewicht. Schließlich sind Sie ja – um bei dem Beispiel mit dem Schlammbeagle zu bleiben – selbst auch nass und damit beschäftigt, die triefenden Klamotten loszuwerden. Wie hilfreich, dass es „gute Gewohnheiten“ gibt, an die Hund sich halten kann, ohne darüber nachzudenken. Hat der Beagle verinnerlicht, auf der Türmatte zu warten, bis er abgetrocknet wurde, wird Ihnen das viel Putzarbeit ersparen. Und das unaufgeregt und ganz ohne Hektik.Rituale geben Halt, weil sie einfach da sind – ohne Nachdenken. Sie sind abrufbar, weil man so viele Male genau so und nicht anders gehandelt hat.
Ankündigungseffekte
Auch der Ankündigungseffekt eines Rituals hat Vorteile. Erwartungsunsicherheit entfällt! Denn Ihr Hund weiß ja genau, was jetzt kommt. Wenn mein kleiner Hund die Worte „Mogli, fliegen!“ hört, dann weiß er, dass ich ihn jetzt gleich hochheben werde und kann sich darauf einstellen. Solche festgelegten Abläufe können zum Beispiel für die Körperpflege und zum Entfernen von Zecken hilfreich sein oder die Verabreichung von Augentropfen und Medikamenten erleichtern. Vorausgesetzt natürlich, Sie haben sich die Mühe (oder vielmehr das Vergnügen) gemacht, dieses Ritual positiv aufzubauen.
Herausforderungen bewältigen
Eine besondere Bedeutung haben Rituale in Situationen, die beängstigend oder auf sonstige Weise herausfordernd sind. In einem solchen Moment auf eine „gewohnte“ Verhaltensroutine, auf ein fixes Zeremoniell zurückgreifen zu können, ist eine große Erleichterung und sorgt dafür, dass wir uns gleich ein bisschen besser fühlen. So ist es gerade für Hunde die unsicher oder ängstlich sind, im Alltag sehr hilfreich, auf einfache kleine Rituale zurückgreifen zu können. Vorzugsweise auf solche, die mit besonders guten Gefühlen gekoppelt sind. Also Rituale, die sehr oft und unter erfreulichen Bedingungen stattgefunden haben. Um bei der Hundeerziehung zu bleiben: Rituale, die durch positive Bestärkung aufgebaut wurden.
Im Grunde kann fast jede Übung, die Sie mit Ihrem Hund erarbeiten, zu einem Ritual werden. Je einfacher sie ist, je mehr Freude sie macht, umso besser lässt sie sich generalisieren und umso leichter wird sie auch in herausfordernden Situationen abrufbar sein.
Rituale aus Versehen?
Viele der Rituale, die den Alltag unserer Hunde strukturieren, entstehen unbeabsichtigt und ganz nebenbei. Achten Sie doch einmal darauf, welche es in Ihrem Alltag gibt. Wie ist es bei Ihnen Brauch? Zum Beispiel morgens beim Aufwachen? Kommt Ihr Hund immer ungefähr zur gleichen Zeit, um nachzusehen, ob Sie schon wach sind? Schiebt sich die Hundenase ganz zufällig unter ihre Hand und stupst mit zunehmendem Nachdruck, bis sie irgendetwas in der Art wie „jaaaa, ich bin eh schon wach“ murmeln, worauf Ihr Hund freudestrahlend aufs Bett springt und die Nachtruhe endgültig vorbei ist?
Oder bei Tisch: Gibt es einen bestimmten Ablauf, der Sie nach anfänglicher Konsequenz dann doch weich werden lässt, sodass der Hund sein Bröckchen vom Tisch bekommt? Auch so etwas kann schnell zu einem Ritual werden.
Rituale zum Selbstzweck?
Wie immer im Leben gilt: Es darf auch mal ganz anders sein.
Wie immer im Leben gilt: Es darf auch mal ganz anders sein.
Alles in Allem halte ich Rituale für unsere Hunde für sinnvoll und wichtig. Ich empfehle, sie bewusst aufzubauen und zu etablieren. Doch eines sollten Rituale nicht sein – reiner Selbstzweck oder gar lähmender Zwang, der immer und unter allen Umständen eingehalten werden muss. Wie bei den Ritualen in unserem eigenen Leben, lohnt sich auch im Hinblick auf unsere Hunde eine gelegentliche Bestandsaufnahme: Welche Rituale sind tatsächlich (noch immer) sinnvoll und welche sollten dürfen getrost aus dem Repertoire gestrichen werden.
Ich würde mich freuen, zu erfahren, wie Rituale sich für Sie und Ihren Hund bewähren und welche Erfahrungen Sie damit gemacht haben.
Ich wünsche Ihnen viel fröhliches Wedeln in Ihrem Leben und freue mich über Kommentare und Anregungen.
Herzlichst
Eure und Ihre
Karin Immler
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Vielen Dank für Ihre Schilderung, ja Rituale sind sehr vielseitig und dabei manchmal ganz unauffällig.Ich freue mich, wenn meine Gedanken im Blog anregend sind. Herzliche Grüße Karin Immler
Ein sehr schöner Artikel. Ich mag ihren Blog sehr auch wenn ich selten antworte. Sie sprechen mir oft aus der Selle.
Doch heute habe ich Zeit und Lust dazu. Ich nenne Rituale *Struktur* den ich durch den Alltag ziehe und erlebe meinen Hund dabei wie er nach diesen Strukturen ausschauhält und sich immer mehr selbst darin eingliedert.
Ich stehe auf und erst dann steht auch mein Hund auf. Da ich jeden Tag bis auf wenige Unterschiede zur selben Zeit aufstehe, hat sich das mehr oder wenig zu einem strukturierten Ritual entwickelt. Während ich im Bad meine Wäsche mache wartet er brav in seinem Bett. Anschließend gehen wir um die 2 Stunden im Wald spazieren wie auch trainieren. Zu Hause dann gibt es für mich und den Hund das Frühstück. So wird besser gearbeitet und wenn wir dann von dem Streifzug im Wald zurück sind, gibt es die Beute für mich und ihn…. das ist ein weinig unser Ritual.
Strukturrituale: sitzen bevor es aus der Tür geht, ich gehe vor, er darf nicht vorstürmen, das weiß er. Absitzen, wenn wir nach Hause kommen, ableinen und dann darf er in den sicheren Bereich Haus als erster gehen.
Sparziergangrituale: nach dem der alle Geschäfte gemacht hat muss er mindestens 30 Minuten Fuß an der lockeren Leine gehen. Anschließend gibt es 10 Minuten Pause in der er schnüffeln und toben kann. Dann wieder 30 Minuten Fuß an der losen Leine. In der nächsten Pause gibt es Schnüffelarbeit im Laub oder hoher Wiese nach ein paar Leckerli das ist seine Leidenschaft und ein schönes Ritual um unsere Beziehung noch mehr zu binden. Wir suchen danach gemeinsam.
Wenn ich jetzt nachdenke, dann haben mein Hund und ich eigentlich viele Rituale die wir tagtäglich strukturiert leben und uns die Erziehung sehr erleichtern. Impulskontrolle als auch gemeinsamer Spaß kann in all diesen Ritualen stecken. Meiner Meinung nach muss die Erziehung eines Hundes immer präsent sein wie bei einem kleinen Kind.
[…] Thema Rituale in der Hundeerziehung gibt es auch noch einen schönen Artikel von Karin […]