Von der Angst und dem Umgang damit können nicht nur die Hunde, sondern auch wir Zweibeiner ein Lied singen, wir sind ja auch nicht davor gefeit. Und doch bringen viele von uns erstaunlich wenig Verständnis dafür auf, dass Hunde Angst haben und wie sie sich in ihrer Angst (daneben-)benehmen.

 

„In Ängsten findet manches statt, was sonst nicht stattgefunden hat“ Wilhelm Busch

Kennen Sie das Gefühl? Sie gehen durch eine dunkle Gasse und hören Schritte hinter sich. Sofort verändert sich Ihre Atmung, die Muskeln spannen sich an. Ihr ganzes System schreit: Alarm! In dieser Situation würde eine Kleinigkeit reichen – eine plötzliche Bewegung, ein unerwartetes Geräusch und Sie würden…. Ja, was würden Sie? Losschreien, wegrennen, blind um sich schlagen oder vielleicht sich totstellen?!

 

Nun unseren Hunden ergeht es ebenso. Angst löst bei Menschen und Hunden dieselben Aktivitäten von Hormonen, Botenstoffen, Nervenzellen etc. aus und wir dürfen getrost davon ausgehen, dass sie sich auch ganz ähnlich dabei fühlen wie wir.

Angst ist weder logisch noch verhandelbar

Zunächst gilt es, die Angst des Hundes als solche zur Kenntnis zu nehmen. Angst ist weder logisch noch verhandelbar. Wenn Sie Angst vor Spinnen haben, nützt es Ihnen gar nichts, wenn Ihr Partner Ihnen erklärt, wie lächerlich das ist. Und dass die Spinne ja vermutlich mehr Angst vor Ihnen hat als umgekehrt. Wenn Kyra Angst vor raschelnden Plastiktüten hat, Nero vor dem Müllauto und Asta vor dem Mixer, dann müssen wir das erst einmal so zur Kenntnis nehmen.

Angst zeigt sich auch im Blick des Hundes

Angst zeigt sich auch im Blick des Hundes

Bedenken Sie, dass Mutter Natur alles sehr weise eingerichtet hat. Und so hat die Fähigkeit, Angst zu zeigen, auch einen ganz wichtigen Zweck zu erfüllen, nämlich den, um Hilfe zu bitten: „Ich zeige dir meine Angst, damit Du mir hilfst!“

 

Angesichts dieser Tatsache ist es mehr als verwerflich, der überkommenen Theorie zu folgen, Angst würde durch Trost und Zuspruch verstärkt. Wir wissen aus der Forschung sehr genau, dass Angst sich nicht durch Hinzufügen von etwas Gutem oder Angenehmen verstärken lässt. Das ist schlicht unmöglich. Angst ist nämlich eine Emotion und kein Verhalten. Wir wissen außerdem aus eigener Erfahrung, dass Angst eher abnimmt oder zumindest leichter auszuhalten ist, wenn wir Trost und Zuspruch erhalten. Lassen Sie sich also nicht einreden, dass Sie Ihren panischen Hund an Silvester ignorieren sollen.

Ängstliche Hunde haben es auch so nicht leicht!

Vor allem jene nicht, die in ihrer Angst nach vorne gehen, knurren und womöglich schnappen. Es spricht sich zwar allmählich herum, dass Hunde, die beißen, dies meistens tun, weil sie Angst und nicht, weil sie irgendwelche bösartigen Absichten haben, aber es nützt ihnen im Alltag nur wenig.

„Angst haben wir alle. Der Unterschied liegt in der Frage wovor.“ Frank Thiess

Wer einen Angsthund hat, sollte zunächst einmal ein guter Beobachter sein und lernen, seinen Hund zuverlässig zu lesen. Und dann sollte, wer so ein hundliches Angsthaserl an der Leine hat, seine Führungskompetenzen optimieren, um seinem Hund durch Training und Management nachhaltig zu helfen.

Management und kleinschrittiges Training sind die unverzichtbaren Ingredienzien von guten Anti-Angst-Strategien. Bachblüten und andere energetische Methoden, die man entsprechend persönlicher Affinität dem Hund zugutekommen lässt, sind meiner Erfahrung nach wichtig, um den Tieren zu helfen.

 

Management wenn Besuch kommt

Was unter Management zu verstehen ist, möchte ich anhand eines Beispiels näher erläutern: Angenommen Ihr Hund hat ein Problem mit fremden Menschen in der Wohnung. Dann bedeutet Management, dass Sie für die Zeit, die das Training braucht, entweder keine fremden Menschen in die Wohnung lassen oder auf andere Weise dafür sorgen, dass die Situation für Ihren Hund zumindest ok ist. Das kann je nach Hund bedeuten, dass er solange in einem anderen Raum bleibt, in dem er sich wohlfühlt oder auch, dass Ihr Hund in dieser Zeit im Auto (wenn das Klima es erlaubt und Ihr Hund sich im Auto wohlfühlt) oder bei einem lieben Hundesitter ist. Je nach Hund mag es ausreichen, für entsprechende Distanz zu sorgen oder sicher zu stellen, dass die Besucher sich nicht dem Hund annähern – das hängt wie gesagt vom Hund und der Problematik ab.

 

Was nützt das beste Training, in dessen Verlauf der Hund ein angemessenes Verhalten Besuchern gegenüber erlernen soll, wenn er immer wieder in Situationen gebracht wird, in denen er das alte – unerwünschte – Verhalten weiter üben kann. Denn – das wird oft vergessen – jede Ausführung eines Verhaltens ist zugleich auch eine Übung desselben.

Kleinschrittiges Training finden Sie oft und oft beschrieben, sodass ich es an dieser Stelle nicht erklären muss. Des Pudels Kern – um in der Hundesprache zu bleiben – ist dabei, die Anforderungen immer nur dann zu erhöhen, wenn die gegenwärtige gut bewältigt wird. GUT, nicht einfach nur irgendwie! GUT heißt, auf eine Weise, dass der Hund sich gut dabei fühlt und nicht einfach nur gelernt hat, still zu halten.

 

Rituale bedeuten Sicherheit

Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang, auf die Kraft von Ritualen hinzuweisen. Unter Ritual versteht man eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende Handlung. Für den Hund bedeuten Rituale Sicherheit! Mithilfe von Ritualen schaffen Sie eine Art Anker, an dem Ihr Hund sich festhalten kann. In schwierigen Situationen kann er auf Rituale zurückgreifen, die er kennt und mag, als Alternative zu unerwünschtem Verhalten. Das setzt allerdings voraus, dass die Rituale lustvoll und freudig erarbeitetet und gut generalisiert wurden.

Warum Sie die Angst Ihres Hundes* nicht einfach hinnehmen sollten, ist einfach zu erklären: Angst und Angsterfahrungen werden zum Unterschied von anderen Lernerfahrungen sehr schnell verallgemeinert. Das bedeutet, die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Hund, der sich heute vor der Stehlampe fürchtet, diese Angst morgen auf den Besenstil und übermorgen auf die Straßenlaterne überträgt. Und was noch viel schwerer wiegt, die Lebensqualität eines betroffenen Hundes ist mehr als eingeschränkt.

 

 

Angst sucht Hilfe

Der Hund bittet mit seinem Blick umd Hilfe

Hilfst du mir?

Gerade ein ängstlicher Hund braucht einen Menschen mit Führungsqualitäten. Jemanden, der Situationen gut einschätzen kann und einen klaren Blick auf die Fähigkeiten und Potentiale seines Hundes hat.

Jemanden, der eine Situation bewusst vermeidet, wenn er weiß, dass sein Hund damit (noch) überfordert ist. Und vor allem jemanden, der nicht Ungehorsam oder gar Sturheit wittert, wo Angst und Verzweiflung herrschen.

Denn jeder Hund hat es verdient, dass seine Angst ernst genommen wird und man ihm hilft, sie zu überwinden.

Passen Sie gut auf Ihren Hund auf – er ist auf Sie angewiesen.

 

 

Herzlich

Eure und Ihre

Karin Immler

 

Die Bilder für diesen Beitrag wurden freundlicherweise von Margot Wallner und Esther Moysig zur Verfügung gestellt.

 

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